Aufhebung einer Baugenehmigung rechtswidrig: Zulasten eines Baugrundstücks vorhandene Baulasten sind im vereinfachten Verfahren nach § 52 LBO nicht zu prüfen

Dezember, 2016 in Bauen und gewerbliche Anlagen

Auf Weisung des Regierungspräsidiums als höherer Baurechtsbehörde hob das Landratsamt im Widerspruchsverfahren die einem Bauherrn nach § 52 LBO im vereinfachten Verfahren erteilte Baugenehmigung wieder auf, da dem Bauvorhaben Abstandsbaulasten zugunsten vonNachbargrundstücken entgegenstünden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wiederum hob diesen (Aufhebungs-)Bescheid auf, da im vereinfachten Verfahren solche Baulasten nicht zum Prüfungsumfang gehörten und daher dort einem Vorhaben nicht entgegen gehalten werden dürften. Ferner wurde die Behörde verpflichtet, die ebenfalls beantragte sanierungsrechtliche Genehmigung für den Bau zu erteilen, da er weder dem zwischenzeitlich beschlossenen Bebauungsplan für das Gebiet widerspreche, noch den vom Gemeinderat beschlossenen Zielen der Sanierungssatzung. - geändert durch Urteil des VGH vom November 2018 -

Ein von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretener Grundstückseigentümer hatte den Bauantrag für ein Mehrfamilienhaus gestellt, das ohne Grenzabstand zu den nördlich und südlich angrenzenden Grundstücken erstellt werden sollte. Das Grundstück liegt in einem innerörtlichen Sanierungsgebiet, für das ca. zwei Jahre nach Stellung des Bauantrags auch ein einfacher Bebauungsplan in Kraft trat. Die zunächst erteilte Baugenehmigung wurde, nachdem die Eigentümer der benachbarten Grundstücke Widerspruch eingelegt hatten, auf Weisung des Regierungspräsidiums wieder aufgehoben. Die vom Bauherrn ebenfalls beantragte sanierungsrechtliche Genehmigung wurde, nachdem die Gemeinde ihre Zustimmung versagte, nicht erteilt.

Die Baurechtsbehörde berief sich im Aufhebungsbescheid darauf, dass der Baugenehmigung Baulasten zugunsten der Nachbargrundstücke entgegenstünden. Diese waren vom vormaligen Eigentümer in den Jahren 1971 und 1975 abgegeben worden und beinhalteten, das Grundstück in einem Grenzabstand von 6 m bzw. 1,40 m nicht zu bebauen. Der Bauherr vertrat die Auffassung, das Vorhaben füge sich nach § 34 BauGB in die umgebende Bebauung ein, in der es sowohl Gebäude mit Grenzabstand wie auch grenzständige Hausgruppen gibt; die Nachbargrundstücke seien ihrerseits bis zur Grenze bebaut. Die damaligen Baulastenerklärungen könnten dem Vorhaben nicht mehr entgegen gehalten werden.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe kam zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verstoße. Beschränkungen aus dem erst nachträglich in Kraft getretenen Bebauungsplan dürften nicht zu Lasten des Bauherrn herangezogen werden. Nach dem maßgeblichen § 34 BauGB füge sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein. Da die Nachbargrundstücke ihrerseits bereits direkt an die Grundstücksgrenze bebaut sind, sah das Gericht auch keinen Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften der §§ 5 bis 7 LBO, da in einem solchen Fall eine Grenzbebauung zulässig ist. Da die Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 52 LBO erteilt worden war, konnten, so das Verwaltungsgericht, die zulasten des Baugrundstücks übernommenen Baulasten dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Das Baugenehmigungsverfahren nach § 52 LBO beinhalte nämlich nicht die Prüfung im Hinblick auf Baulasten. Dies führte zur Rechtswidrigkeitdes Aufhebungsbescheids: Was schon gar nicht zum Prüfungsumfang einer solchen Genehmigung gehört, kann auch nicht als Begründung für eine spätere Aufhebung dienen.

Ferner verpflichtete das Verwaltungsgericht die Baurechtsbehörde zur Erteilung der beantragten sanierungsrechtlichen Genehmigung. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich eines durch Satzung festgelegten Sanierungsgebietes. Die Gemeinde hatte ihre Ziele und Zwecke nicht in der Satzung selbst festgelegt. In erster Linie waren diese daher nach dem zwischenzeitlich erlassenen Bebauungsplan zu beurteilen, ergänzend nach den laut Gemeinderatsprotokoll beim Beschluss zugrunde gelegten Sanierungszielen. Das Gericht vermochte nicht zu erkennen, dass das beantragte Bauvorhaben diesen Zielen zuwiderliefe; dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass aus dem Gemeinderatsprotokoll hervorging, dass das Maß der baulichen Nutzung nicht verändert werden sollte. Auch die Vorgaben des Bebauungsplanes zur Grundflächenzahl und zur maximal zulässigen Zahl von Wohnungen im Verhältnis zur Grundstücksfläche seien eingehalten.

Mit dem außerdem noch gestellten Antrag auf Löschung der Baulast hatte der Bauherr jedoch keinen Erfolg. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei sie wirksam abgegeben und auch nicht zwischenzeitlich obsolet geworden.

Das Urteil wurde nicht rechtskräftig und im Berufungsverfahren durch Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom November 2018 geändert.