Konstitutives Anforderungsprofil bei Beamtenstellen: Bewerber bleibt bei Nichterfüllung unberücksichtigt

Juni, 2015 in Öffentlicher Dienst und kirchlicher Dienst

Stellt ein Dienstherr bei Ausschreibung einer Beamtenstelle zulässigerweise ein konstitutives Anforderungsprofil auf, so bleiben Bewerber unberücksichtigt, die dieses im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht erfüllen. Dabei ist Voraussetzung, dass der Dienstherr sich bei Aufstellung des Profils nicht von sachwidrigen Erwägungen leiten lässt, sondern die zur Wahrnehmung der Aufgaben auf dem betreffenden Dienstposten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zugrunde legt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart bestätigte dies im Hinblick auf die bei Ausschreibung einer Stelle bei der Polizei geforderte SEK-Tauglichkeit. Der Dienstherr habe im Rahmen seines Organisationsermessens den Dienstposten so zugeschnitten, dass zumindest für Teilaufgaben eine SEK-Tauglichkeit erforderlich sei. Die Erfüllung dieser Anforderung müsse positiv feststehen.

Ein Polizeipräsidium hatte in der Führungsgruppe SEK die Beamtenstelle eines Sachbearbeiters ausgeschrieben, zu dessen Aufgaben u.a. auch die Leitung, Koordination und Durchführung der Einführungsfortbildung sowie die operative Unterstützung bei der Bewältigung von Einsatzlagen gehörte. Als zwingend zu erfüllende Anforderungen waren SEK-Tauglichkeit und Tätigkeit in einer Spezialeinheit angegeben. Ein von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretener Bewerber, der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aufgrund einer Verletzung nicht eindeutig SEK-tauglich war, wurde bei der Besetzung nicht berücksichtigt, da er aus diesem Grund das Anforderungsprofil nicht erfüllen konnte. Der Dienstherr machte geltend, dass nicht absehbar sei, ob und wann der Bewerber wieder die SEK-Tauglichkeit erlange.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart erläuterte in seinem Beschluss den Unterschied zwischen einem konstitutiven und einem nicht konstitutiven („beschreibenden“) Anforderungsprofil. Als „konstitutiv“ sind demnach diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils einzustufen, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv nachprüfbarer Kriterien (insbesondere ohne Wertungsspielräume) festzustellen sind. Das „beschreibende“ (nicht-konstitutive) Anforderungsprofil dagegen beinhaltet solche Qualifikationsmerkmale, die entweder nicht zwingend vorliegen müssen oder die von ihrer Art her nicht alleine anhand objektiv überprüfbarer Fakten festgestellt werden können. Letztere erlangen erst im Stellenbesetzungsverfahren selbst im Rahmen einer näheren Einschätzung Bedeutung, wohingegen die Nichterfüllung eines zulässigerweise aufgestellten konstitutiven Anforderungsprofil dem Dienstherrn gebietet, diesen Bewerber unberücksichtigt zu lassen. Ein solches konstitutives Anforderungsprofil darf ein Dienstherr grundsätzlich aufstellen. Wie er seine Stellen zuschneidet und welche Fachkenntnisse er jeweils für erforderlich ansieht, fällt in sein Organisationsermessen. Im vorliegenden Fall vermochte das Gericht sachfremde Erwägungen für den Zuschnitt des Dienstpostens nicht festzustellen. Dass die SEK-Tauglichkeit nur für einzelne Tätigkeiten erforderlich war und auch ein anderer Stellenzuschnitt denkbar gewesen wäre, betrachtete das VG Stuttgart als unerheblich.

Da die Erfüllung des konstitutiven Anforderungsprofils zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung positiv feststehen muss, eine gesicherte ärztliche Prognose bei dem Bewerber aber nicht vorlag, ging die Ungewissheit über die Wiedererlangung der SEKTauglichkeit zu Lasten des Bewerbers. Das Urteil ist rechtskräftig.