Voraussetzungen nicht erfüllt: Verwaltungsgericht lehnt Genehmigung zum Führen der Berufsbezeichnung "Ingenieur" ab

April, 2024 in Gewerbeausübung und freie Berufe

Personen, die einen Studienabschluss an einer ausländischen Hochschule erlangt haben, dürfen die Berufsbezeichnung "Ingenieur" bzw. "Ingenieurin" nur führen, wenn sie von der zuständigen Ingenieurkammer die Genehmigung hierzu erhalten haben. Im vorliegenden Fall wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe eine gegen die ablehnende Entscheidung der Ingenieurkammer Baden-Württemberg gerichtete Klage ab. Der absolvierte Studiengang an der ausländischen Hochschule habe keine ministerielle Genehmigung gehabt, ferner fehle es am Beleg eines berufsqualifizierenden Studienabschlusses "Diplom-Ingenieur". Auch in Bezug auf Inhalt, Umfang und Anforderungen sei das ausländische Studium nicht gleichwertig, da es nicht überwiegend von den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik geprägt gewesen sei.

Der von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Studienabsolvent hatte nach vierjährigem Fernstudium des Moduls "Architektur und Städtebau" im Studiengang Bauwesen und Architektur an der internationalen Universität in Bosnien-Herzegowina einen Abschluss mit der in der deutschen Übersetzung lautenden Bezeichnung "Diplom-Ingenieur für Architektur und Städtebau" erworben. Er beantragte daraufhin bei der Ingenieurkammer Baden-Württemberg die Genehmigung zum Führen der Berufsbezeichnung "Ingenieur". Diese lehnte nach Kontaktieren der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen den Antrag ab. Der Studiengang zähle nicht zu den staatlich genehmigten Studiengängen dieser Hochschule. Im anschließenden Widerspruchsverfahren führte die Ingenieurkammer ergänzend aus, das Studium sei auch nicht von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik geprägt gewesen, sondern von theoretischen und praktischen Aspekten des Architekturstudiums mit Teilschwerpunkt im Städtebau.

Die gegen diesen Entscheid gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sah die in §§1 und 3 des Ingenieurgesetzes Baden-Württemberg (IngG) festgelegten tatbestandlichen Voraussetzungen für das Führen der Berufsbezeichnung "Ingenieur" als nicht erfüllt an.

Es fehle zunächst an der staatlichen bzw. ministeriellen Genehmigung des Studiengangs, welche nach den hochschulrechtlichen Regelungen Bosnien-Herzegowinas erforderlich gewesen wäre. Eine solche liege nur für den Studiengang "Bauwesen und Architektur", nicht jedoch für einen eigenen Studiengang "Architektur und Städtebau" vor. Weiterhin setze die Gleichwertigkeit eines Zeugnisses voraus, dass es wie in Deutschland einen berufsqualifizierenden Abschluss belege. Auch hieran fehle es aber, da sich aus dem Diplomzusatz ergebe, dass das Diplom nur die Ausübung von "Arbeiten" im Bereich der Architektur und des Städtebaus ermögliche, nicht aber ausdrücklich von Ingenieurleistungen. Auch scheide eine entsprechende Interpretation aus, da sowohl der bosnische Begriff "inzenjer" wie auch der in der englischsprachigen Fassung verwendete Begriff "engineer" auch mit "Techniker" übersetzt werden könnten und somit eine weitere Begriffsdeutung hätten als der deutsche Begriff "Ingenieur".

Das erworbene Diplom soll laut VG den Zugang zum zweiten Studienzyklus ermöglichen. Die Ausstellung des Diploms lasse hierbei nur schwerlich den Schluss auf das Vorliegen eines eigenständigen Studiengangs Architektur und Städtebau zu, zumal dagegen auch die Verwendung des Begriffs "Modul (des Studiengangs Bauwesen und Architektur)" spreche.

Ferner kam das Verwaltungsgericht zu der Auffassung, das vorgelegte Zeugnis sei auch in materieller Hinsicht nicht gleichwertig mit einer Ingenieurausbildung im Inland. Maßgeblich seien Inhalt, Umfang und Anforderungen. Das hier absolvierte Studium entspreche zwar mit einer Dauer von acht Semestern bzw. einer ECTS-Punktzahl von 240 im Umfang den Vorgaben des § 1 Abs. 1 Nr. 1 IngG, es sei aber nicht – wie erforderlich – überwiegend von den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (sog. MINT-Fächer) inhaltlich geprägt gewesen. Die Ausbildungszeit sei nur zu 21/5 gegenüber 19/5 auf diese Fächer entfallen. U.a. habe der Ausbildungsumfang in Mathematik oder Technischer Mechanik lediglich dem im Bereich Urbanismus (Städtebau) entsprochen.

Das Urteil ist rechtskräftig.