Im Jahr 1971 hatte der damalige Eigentümer eines Grundstücks die Übernahme einer Abstandsbaulast erklärt, mit der er für sich und seine Rechtsnachfolger die Verpflichtung übernahm, sein Grundstück im Abstand von 6 Metern zum Nachbargrundstück nicht zu bebauen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte in der Vorinstanz entschieden, dem heutigen Eigentümer stehe kein Anspruch auf einen Verzicht auf diese Abstandsbaulast zu, denn die Erklärung sei wirksam und es liege ein öffentliches Interesse an ihrem Fortbestand vor. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte eine Zulassung der Berufung ab und bestätigte in seiner Begründung die Feststellungen des Verwaltungsgerichts.
Auch Erklärungen, die vor nahezu 50 Jahren abgegeben wurden, können sich noch auf die heutige Bebaubarkeit von Grundstücken auswirken. Mit dieser Problematik wurde ein Grundstückseigentümer konfrontiert, der den Neubau eines Mehrfamilienhauses plante. Im Jahr 1971 hatte der damalige Eigentümer gegenüber der Baurechtsbehörde eine Baulasterklärung abgegeben, mit der er für sich und seine Rechtsnachfolger die Verpflichtung übernahm, sein Grundstück in einem Abstand von mindestens sechs Metern zur Bebauung des Nachbarn dauernd unüberbaut zu lassen. Der von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Bauherr beabsichtigte, an die ihrerseits bis zur Grundstücksgrenze reichende Bebauung des Nachbarn direkt anzubauen und begehrte daher den Verzicht auf die Abstandsbaulast.
Im Zuge eines Antrags auf Zulassung der Berufung setzte sich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zunächst mit der Frage auseinander, ob eine wirksame Abstandsbaulast überhaupt vorliege. Eine fehlerhafte Auslegung durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe als Vorinstanz vermochte der VGH nicht zu erkennen. Er verwies dabei auf die Vorschriften des BGB zu Willenserklärungen. Die Erklärung vom September 1971 auf einem amtlichen Formular sei eindeutig und könne aus objektiver Empfängersicht nur als Abstandsbaulast verstanden werden. Der damalige Grundstückseigentümer habe sich in Kenntnis der Alternative – nämlich einer Anbaubaulast – für die Abstandsbaulast entschieden. Auch unter Berücksichtigung eines vorangegangenen Schreibens des Eigentümers vom Mai 1971 vermochte der VGH keinen anderen Erklärungswillen zu erkennen.
Weiterhin nahm der Verwaltungsgerichtshof zu den Voraussetzungen eines Verzichts der Baurechtsbehörde auf eine Baulast Stellung. Der Bauherr sah diese als gegeben an, da sein Bauvorhaben nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO zulässig sei. Denn nach den planungsrechtlichen Vorschriften dürfe an die Grenze gebaut werden und aufgrund des dort bereits befindlichen Nachbargebäudes sei auch gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück auf die Grenze gebaut „werde“. Dem folgte der VGH nicht. Der Verzicht führe zu einem baurechtswidrigen Zustand, denn das Gebäude auf dem Nachbargrundstück hielte dann die erforderliche Abstandsfläche nicht – mehr – ein. Betrachtet man nämlich die Situation aus der Sicht des Nachbargrundstücks, dann sind die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO nicht erfüllt. Denn diese Vorschrift setzt voraus, dass bereits ein Gebäude vorhanden ist, das an die Grenze gebaut ist – in diesem Falle also auf dem Grundstück des Klägers. Dagegen reicht es nicht aus, wenn – wie hier – lediglich ein solches geplant ist. Selbst wenn die noch im Streit stehende Baugenehmigung bestandskräftig würde, sei es aus tatsächlichen Gründen nicht sicher, dass das Bauvorhaben auch verwirklicht werde.
Der Beschluss ist rechtskräftig.