Als die Baurechtsbehörde einer Stadt feststellte, dass auf einem Grundstück das ehemalige Garagengebäude in erheblichem Umfang um- und ausgebaut worden war (u.a. neue Seitenwände, Obergeschoss in Leichtbetonmauerwerk, Anbringung Dachstuhl), verfügte sie zunächst die Einstellung der Bauarbeiten. Einen nachträglich eingereichten Bauantrag lehnte sie ab, da das Vorhaben die Grenzabstände nicht einhalte und verfügte den Teil-Abbruch bis auf das zulässige Maß. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die hiergegen gerichtete Klage der Grundstückseigentümerin zurück. Ein Anspruch auf Baugenehmigung bestehe wegen fehlender Abstandsflächen nicht und die Abbruchanordnung sei rechtmäßig, insbesondere auch verhältnismäßig. Bestandsschutz sei hier nicht gegeben. Wer ohne Baugenehmigung baue, habe das Risiko einer baurechtswidrigen Ausführung selbst zu tragen. Ihm/ ihr solle nicht zugutekommen, vollendete Tatsachen geschaffen zu haben.
Auf einem Grundstück mit Wohnhaus befand sich ursprünglich auch eine alte Garage, die auf einer Länge von über 9 m an das westlich und auf ca. 4 m Länge an das südlich gelegene Nachbargrundstück angrenzte. Für dieses Gebäude galt Bestandsschutz. Die Baurechtsbehörde der im Gerichtsverfahren durch die Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Stadt stellte fest, dass dort wesentliche Veränderungen vorgenommen worden waren. Von der ursprünglichen Garage blieben das Tor, die Wände zur Straße und ein Wandabschnitt im hinteren Bereich erhalten. Im Übrigen entstand ein neuer Rohbau mit neuer Geschossdecke, Satteldach und einer Wandhöhe von 5,50 m und Firsthöhe von ca. 6 m. Die Baurechtsbehörde verfügte die Einstellung der Bauarbeiten. Den einige Wochen später gestellten Bauantrag lehnte sie ab. Das errichtete Gebäude sei nicht genehmigungsfähig, da die Abstandsflächen nicht eingehalten seien. Aus der bestehenden Bebauung könne eine Grenzbebauung nicht abgeleitet werden. Die Behörde erließ zugleich eine Abbruchanordnung. Durch die erheblichen baulichen Veränderungen sei der Bestandsschutz des ursprünglich vorhandenen Garagengebäudes erloschen. Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Grundstückseigentümerin Klage beim Verwaltungsgericht.
Das VG Karlsruhe bestätigte, dass die Grundstückseigentümerin keinen Anspruch auf eine Baugenehmigung hat. Es verwies auf die Vorschriften des § 5 LBO zu Abstandsflächen. Im vorliegenden Fall seien diese Abstände nicht deswegen entbehrlich, weil auf die Grenze gebaut werden müsse; dies lasse sich nicht aus der bestehenden Bebauung der Umgebung ableiten. Auch liege keine Baulast vor und auch kein Ausnahmefall dahingehend, dass auf dem Nachbargrundstück bereits ein Gebäude, von dessen Fortbestand ausgegangen werden kann, an der Grenze vorhanden ist. Zwar gab es im vorliegenden Fall dort ein Gebäude - allerdings mit einer Tiefe von lediglich 4 m, wohingegen die ausgebaute Garage mehr als doppelt so tief war, so dass kein Eindruck einer geschlossenen Bauweise vermittelt wurde.
Auch die Abbruchanordnung erwies sich aus Sicht des Verwaltungsgerichts als rechtmäßig. Die bauliche Anlage sei nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt. Auf den Bestandsschutz könne sich die Grundstückseigentümerin nicht berufen. Hieran fehlt es, wenn ein Eingriff in den Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Gebäudes berührt und eine statische Neuberechnung erforderlich macht. Vor dem Hintergrund des Umbaus könne von einer Identität des Bauwerks keine Rede sein. Es entspreche ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Wer rechtswidrig baue, könne sich auch grundsätzlich nicht darauf berufen, dass ihm durch den Abbruch ein hoher Schaden entstehe. Andernfalls entstünde die paradoxe Situation, dass es ein Bauherr in der Hand hätte, durch einen (aufwändigen) Bau vollendete Tatsachen zu schaffen. Jeder Bauherr habe die Möglichkeit, seine Investitionen dadurch zu sichern, dass er sich zuvor eine Baugenehmigung bzw. einen Bauvorbescheid erteilen lässt.
Das VG Karlsruhe traf in gleicher Sache noch zwei weitere Entscheidungen betreffend Baueinstellung/ Betretungsverbot und Versiegelungsanordnung. Die Baurechtsbehörde hatte nämlich, nachdem sie die Einstellung der Bauarbeiten verfügt hatte, weitere Bautätigkeiten festgestellt. Daraufhin versiegelte sie die Baustelle. Nachdem kurz darauf Siegel und Absperrung verschwunden waren, ordnete sie ein Betretungsverbot an und drohte bei Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro an. Die baurechtliche Anordnung sah das VG als rechtmäßig an. Auch die Zwangsgeldandrohung wurde vom Gericht bestätigt. Selbst ohne Siegelbruch würde sich die Zwangsgeldandrohung als legitimes und auch der Höhe nach verhältnismäßiges Mittel zur Rechtsdurchsetzung erweisen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.