Ein Umlegungsverfahren kann bereits eingeleitet werden, wenn noch kein Bebauungsplanentwurf nach § 2a BauGB vorliegt. Es genügen verlässliche planerische Vorstellungen. Im vorliegenden vom Landgericht Karlsruhe entschiedenen Fall lagen bei der Beschlussfassung des Umlegungsausschusses bereits Entwürfe für textliche und zeichnerische Festsetzungen vor, die die Schlussfolgerung zuließen, die Umlegung sei zur Verwirklichung eines Bebauungsplanes erforderlich. Nachdem nach erfolgreichen Verhandlungen zwischen einer Grundstückseigentümerin und der Gemeinde letztlich die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, entschied das Landgericht, dass die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden. Es würde dem Gedanken der im gemeinsamen Interesse umgesetzten Verfahrensbeschleunigung zuwider laufen, die Kosten nur einer Seite aufzuerlegen.
Der Gemeinderat der durch die Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Gemeinde hatte im Frühjahr 2019 beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen, mit dem ein Industriegebiet vergrößert werden soll, um Firmen Erweiterungsmöglichkeiten zu bieten und deren Abwanderung zu vermeiden. In gleicher Sitzung wurde die Umlegung angeordnet. Der Umlegungsausschuss der Gemeinde fasste dann im Sommer 2019 den Umlegungsbeschluss, welcher ordnungsgemäß bekanntgemacht und öffentlich ausgelegt wurde. Die Eigentümerin eines von der Umlegung betroffenen Grundstücks stellte sodann den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Umlegungs(-einleitungs-)beschluss. Sie führte an, ohne Kenntnis des Bebauungsplanentwurfs lasse sich nicht beurteilen, ob das Umlegungsgebiet zweckmäßig begrenzt sei.
In der Folgezeit beriet der Gemeinderat den Bebauungsplanentwurf und fasste schließlich im Februar 2021 den Satzungsbeschluss. Währenddessen hatten die Grundstückseigentümerin und die Gemeinde Gespräche geführt; im Ergebnis wurde der Eigentümerin im Umlegungsplan ein Grundstück zugeteilt. Dieser Lösung stimmten beide Seiten zu. Die Grundstückseigentümerin vertrat allerdings die Auffassung, die Gemeinde müsse die Verfahrenskosten tragen, da der Umlegungsbeschluss rechtswidrig sei. Das Landgericht Karlsruhe - Kammer für Baulandsachen - hatte, nachdem beide Seiten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, nach billigem Ermessen zu entscheiden, wie die Kosten zu verteilen sind.
In seinem Beschluss legte das Gericht dar, dass dem Umlegungsbeschluss keine formellen Fehler (z.B. hinsichtlich Anhörung oder ortsüblicher Bekanntmachung) anhaften und dieser auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Die Abgrenzung des Umlegungsgebiets sei zweckmäßig. Die Umlegung sei auch erforderlich; die Ziele des Bebauungsplans und Umlegungsziele seien nicht mit anderweitigen, milderen Mitteln zu erreichen. Das Umlegungsverfahren könne bereits eingeleitet werden, wenn der Bebauungsplan noch nicht aufgestellt ist. Mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs legte das LG Karlsruhe dar, dass beim Umlegungs(-einleitungs-)beschluss ein Bebauungsplanentwurf, der den Voraussetzungen des § 2a BauGB entspricht, grundsätzlich nicht notwendig ist. Es müssen aber verlässliche planerische Vorstellungen vorliegen, die die Schlussfolgerung tragen, die Umlegung sei zur Verwirklichung eines Bebauungsplanes erforderlich. Dem sei hier Genüge getan, da bereits verschiedene Entwürfe der zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des künftigen Bebauungsplanes mit hinreichend klaren Vorstellungen vorhanden waren. Auch unter dem Gesichtspunkt der Privatnützigkeit sah das Gericht keine Bedenken; hierbei komme es nämlich nicht auf das Interesse eines einzelnen Eigentümers, sondern auf das Interesse sämtlicher betroffener Eigentümer im Plan- und Umlegungsgebiet an.
Hinsichtlich der – aufgrund der übereinstimmend erklärten Erledigung der Hauptsache – vom Gericht zu entscheidenden Kostenfrage kam es trotz der Rechtmäßigkeit der Umlegung zu einer Kostenaufhebung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 98 ZPO. Grundstückseigentümerin und Gemeinde hatten durch die vorgesehene Zuteilung eines Grundstücks im Umlegungsgebiet eine Lösung erarbeitet, zu der beide Seiten ihr Einverständnis erklärten. Es würde nunmehr, so das Landgericht, der im gemeinsamen Interesse verabredeten und umgesetzten Verfahrensbeschleunigung zuwiderlaufen, die Kosten des Verfahrens alleine einer Partei aufzuerlegen. Eine derartige rein formale Betrachtung würde zudem in künftigen Verfahren lösungsorientierten Verhandlungen entgegenstehen.
Das Urteil ist rechtskräftig.