Normenkontrollantrag erfolgreich: Vor allem Ermittlungs- und Bewertungsfehler in Bezug auf den Lärmschutz führten zur Aufhebung des Bebauungsplanes durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die betroffene Stadt hatte weder untersucht, wie hoch die Überschreitungen der Orientierungswerte nach DIN auf einzelnen Grundstücken sind, noch hatte sie Erwägungen angestellt, aus welchen Gründen ggf. Überschreitungen hinzunehmen und welche Ausgleichsmaßnahmen erforderlich sind. Das Lärmschutzkonzept war für die Abwägung von Bedeutung und ohne den vorliegenden Mangel im Abwägungsvorgang hätte die Möglichkeit bestanden, dass die Planung anders ausgefallen wäre.
Der angegriffene Bebauungsplan sollte die Grundlage für eine neue Wohnbebauung am Rande eines Stadtteils neben einer viel befahrenen Straße bilden. Die von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Antragstellerin war Eigentümerin eines unmittelbar an den Planbereich angrenzenden Grundstückes am bisherigen Ortsrand und rügte neben Verfahrensfehlern auch mehrere inhaltliche Mängel.
Zwar vermochte der Verwaltungsgerichtshof keine Verfahrensverstöße gegen die Gemeindeordnung zu erkennen; diesbezüglich befand er insbesondere die durch die Stadt gewählte Bezeichnung des Tagesordnungspunktes als ausreichend, obwohl nur von „Satzungsbeschluss gemäß § 10 des Baugesetzbuches“ die Rede war, ohne auf die ebenfalls zu treffende Abwägungsentscheidung zu verweisen. Eines solchen gesonderten Hinweises bedurfte es jedoch aus Sicht des Gerichtshofs nicht, da die Beschlussfassung nach § 10 BauGB notwendigerweise auch die abschließende Abwägungsentscheidung umfasst. Auch war eine mangelnde Unterrichtung von keinem Gemeinderatsmitglied gerügt worden.
Der VGH stellte jedoch Ermittlungs- und Bewertungsfehler fest; hierbei fielen solche in Bezug auf den Lärmschutz besonders stark ins Gewicht. Die Stadt hatte bei ihrem Lärmschutzkonzept die – nicht unmittelbar einschlägige – 16. BImSchV an Stelle der Orientierungswerte nach DIN 18005-1 („Schallschutz im Städtebau“) herangezogen. Dies war zwar nicht von vorneherein abwägungsfehlerhaft, da die DIN 18005-1 keine Planungsobergrenze, sondern eine in der Bauleitplanung überschreitbare Orientierungshilfe darstellt. Allerdings müssen die für die Planung sprechenden Gründe umso gewichtiger sein, je weiter die DIN-Werte überschritten werden. Möchte die Gemeinde Teilen des Plangebiets eine Überschreitung zumuten, so setzt dies voraus, dass sie sich im Rahmen der Abwägung mit baulichen und technischen Möglichkeiten befasst, eine solche auf das im Interesse des Planungsziels hinzunehmende Maß zu beschränken. Die DIN selbst sieht vor, dass von den Orientierungswerten abgewichen werden kann, zugleich aber ein Ausgleich durch andere geeignete Maßnahmen (z.B. Gebäudeanordnung, bauliche Schallschutzmaßnahmen) planungsrechtlich abgesichert werden soll.
Die Stadt hatte jedoch im vorliegenden Fall überhaupt nicht untersucht, wie hoch die Überschreitungen auf den einzelnen Grundstücken sind. Auch Erwägungen, aus welchen Gründen diese notwendig sind und hingenommen werden müssen, waren den Planunterlagen nicht zu entnehmen. Es wurden keine entsprechenden Schutzmaßnahmen erwogen. Darüber hinaus rügte der VGH, dass sich die Stadt keine Gedanken über die Schutzbedürftigkeit von Außenwohnbereichen gemacht hatte, obwohl dies gerade angesichts der angestrebten Schaffung von Wohnraum für Familien mit Kindern erforderlich gewesen wäre. Bei den genannten Abwägungsfehlern handelte es sich um „wesentliche Punkte“ i.S.d. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB. Die Abwägungsmängel führten zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplanes.