Bei bereits begonnenen Verfahren zur Bebauungsplanaufstellung ist in Baden-Württemberg nach der geltenden Gemeindeordnung ein Bürgerentscheid nicht zulässig. Es war lange strittig, ab welchem Zeitpunkt dies gilt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gab einer Stadt recht, die die Zulassung eines Bürgerbegehrens ablehnte, das erst sechs Monate nach dem Aufstellungsbeschluss eingereicht wurde.
Nach einer Änderung der Gemeindeordnung Baden-Württemberg war lange Zeit unklar und umstritten, ob und inwieweit im Hinblick auf die Aufstellung von Bebauungsplänen ein Bürgerbegehren nach § 21 Gemeindeordnung Baden-Württemberg (GemO) auch noch nach Beginn des Aufstellungsverfahrens zulässig ist. Gegen einen bereits als Satzung beschlossenen Bebauungsplan ist ein Bürgerbegehren nicht mehr zulässig.
In einem von der Kanzlei Dr. Melchinger für die betroffene Kommune betreuten Eilverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 20.03.2009 ein solches Bürgerbegehren, das sich gegen eine bereits in einem Bebauungsplanaufstellungsverfahren befindliche, jedoch noch nicht abgeschlossene Planung richtete für unzulässig erklärt (Ausschluss nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO). Nach Auffassung des Gerichts ist diese gesetzliche Ausschlussregelung über den Wortlaut hinaus auszulegen: Die Vorschrift betrifft die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB und damit bereits die wesentlichen Verfahrensabschnitte, die in dem Bebauungsplanaufstellungsverfahren nach dem Baugesetzbuch zu durchlaufen sind. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, so der Verwaltungsgerichtshof, dass Entscheidungen in diesen Bereichen vielschichtige Abwägungsprozesse erforderten und daher dem Gemeinderat vorbehalten sind. Diese Abwägungen könnten nicht auf eine „Ja-Nein-Fragestellung“, die zwingend Gegenstand eines Bürgerentscheids sein muss reduziert werden.
Dies schließt nicht aus, dass Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden können. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass diese der Bauleitplanung vorgelagerte Phase durch den Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 BauGB beendet sein dürfte, denn spätestens mit diesem Beschluss wird das förmliche Bauleitplanverfahren eingeleitet. Der Verwaltungsgerichtshof lässt offen, ob der Aufstellungsbeschluss selbst noch als weichenstellender, die Planung einleitender Beschluss bürgerentscheidfähig ist. Jedenfalls gilt dann insoweit die 6-Wochen-Frist gem. § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO. Nach diesem Zeitpunkt ist die Bauleitplanung dem Zugriff der Bürger für ein Bürgerbegehren endgültig entzogen.
Zu beachten ist jedoch, dass die betroffenen Bürger dennoch durchaus die Möglichkeit haben, sich zu solchen Planungen zu äußern. Im Bebauungsplanaufstellungsverfahren ist die Öffentlichkeit zu beteiligen und anzuhören, sie kann Einsicht in die Pläne nehmen und sich dazu uneingeschränkt äußern. Alle vorgetragenen Aspekte sind in die Abwägung einzubeziehen.