Ein erhöhtes Unfallruhegehalt erhalten Beamte, wenn sie sich bei Ausübung einer Diensthandlung einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt haben, infolge davon einen Dienstunfall erlitten haben, dienstunfähig geworden sind und der Grad der Schädigungsfolgen mindestens 50 beträgt. Es handelt sich also um Fälle, die sich nicht nur als Verwirklichung des allgemeinen Berufsrisikos darstellen. Auch muss sich der Beamte der Gefährdung seines Lebens bewusst sein. Im vorliegenden Fall sah das Verwaltungsgericht Karlsruhe diese Voraussetzungen als gegeben an. Bei einer Übung war ein Feuerwehrmann von einem ungesicherten und vereisten Dach gestürzt, wobei ihm aufgrund einer Sichtschutzfolie jegliche Sicht genommen war und es auch keine Überwachung durch Aufsichtspersonen auf dem Dach gab.
Der Beamte bei einer Berufsfeuerwehr hatte an einer Übung teilgenommen, bei der ein Brand mit Atemschutznotfallkonzept simuliert wurde. Den Teilnehmern wurde mit einer speziellen Sichtschutzfolie die Sicht komplett genommen, um einen Einsatz unter „Nullsicht“ zu üben. Im Rahmen der „Rettung“ einer Übungspuppe über eine Dachluke und ein Flachdach stolperte der Feuerwehrmann rückwärts und fiel über die Dachkante. Er wurde infolge des Unfalles aufgrund Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Der zuständige kommunale Versorgungsverband lehnte die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehaltes nach § 52 Abs. 1 LBeamtVG ab. Das Bewusstsein, sich einer besonderen Lebensgefahr auszusetzen, sei bei der Übung nicht gegeben gewesen.
Der von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Beamte klagte vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe. Es habe objektiv aus Sicht eines neutralen Betrachters eine akute Lebensgefahr bestanden und ihm sei die Situation und die damit verbundene Lebensgefahr auch bekannt und bewusst gewesen. Das Verwaltungsgericht bejahte, dass sich der Beamte bei der betreffenden Feuerwehrübung einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt habe. Zwar stellen vom Dienstherrn angeordnete Übungseinsätze grundsätzlich keine mit Lebensgefahr verbundenen Diensthandlungen dar; aufgrund besonderer Umstände kann sich dies aber im Einzelfall ergeben.
Einen solchen Fall sah das Gericht hier als gegeben. Sinn und Zweck einer Feuerwehrübung bestehe darin, im geschützten Bereich Situationen zu trainieren, die real lebensbedrohlich sein können. Erkennbare Risiken aber sind bei Übungen durch die Einsatzleitung zu minimieren, d.h. es ist für eine angemessene Absicherung und Überwachung zu sorgen. Im vorliegenden Fall fand die Übung auf einem nicht gegen Absturz gesicherten, glatten Dach und mit einer Sichtschutzfolie unter „Nullsicht“ statt. Es gab auf dem Dach keine Überwachung des Einsatzes. Der Einsatzleiter hatte auch den Rettungsvorgang nicht abgebrochen oder einen Befehl erteilt, die Folie abzunehmen. Damit handelte es sich um einen objektiv lebensgefährlichen Einsatz. Der Verunglückte war sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichts dieser besonderen Gefahrenlage auch bewusst. Er wusste insbesondere um die Gefährlichkeit einer „Rettung“ über das ungesicherte Flachdach. Aufgrund dieser besonderen Gefahr hatte er sogar ausdrücklich die an der Übung ebenfalls beteiligten Kollegen der Frewilligen Feuerwehr angewiesen, nicht auf das Dach zu treten.
Da unter diesen Umständen alle Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 LBeamtVG gegeben waren, steht dem Beamten ein erhöhtes Unfallruhegehalt zu. Die Entscheidung ist rechtskräftig.