Die beklagte Stadt hatte den Eigentümern eines Grundstücks im Innenbereich einen positiven Bauvorbescheid zur Errichtung eines privat und gewerblich genutzten Sand-Reitplatzes für Pferde erteilt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gab den Nachbarn, die sich dadurch in ihren Rechten verletzt sahen, im Berufungsverfahren in wichtigen Punkten Recht. Jedenfalls in der gewerblichen Nutzung sah der VGH das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Die rückwärtigen Außenwohnbereiche der Nachbarn hätten in diesem Falle nicht mehr zweckentsprechend zur Erholung genutzt werden können. Mit vergleichbaren Störungen sei bei rein privater Nutzung des Reitplatzes jedoch nicht zu rechnen.
Die Grundstückseigentümer hatten einen umzäunten Sandplatz hergestellt, den sie als Reitplatz privat und gewerblich nutzten. Auf Beschwerden der Nachbarn hin wies die Stadt sie auf die Genehmigungspflicht für dieses Vorhaben hin. In dem daraufhin beantragten Bauvorbescheid erklärte die Stadt die beabsichtigte Anlegung eines Sandplatzes für grundsätzlich zulässig. In verschiedenen „Auflagen“ wurden u.a. die zulässigen Nutzungszeiten und die maximale Zahl der Nutzer festgelegt. Eine zwischenzeitlich ergangene Nutzungsuntersagung wurde aufgehoben. Die von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Nachbarn erhoben nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage. Sie führten an, der Sandplatz und die damit verbundenen Nutzungen fügten sich nicht in die nähere Umgebung ein, die einem – wenn auch ländlich geprägten – Wohngebiet entspräche. An der generellen Gebietsunverträglichkeit änderten auch die Auflagen nichts.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage erstinstanzlich ab. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche keinem der in der Baunutzungsverordnung aufgeführten Baugebiete. Es sei von einer Gemengelage auszugehen, den Klägern stehe kein Gebietserhaltungsanspruch zu. Der Sandplatz sei den Nachbarn zumutbar. Anders sah dies im Berufungsverfahren der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die baurechtliche Entscheidung ist nämlich, soweit sie eine gewerbliche Nutzung des Reitplatzes einschließt, rechtswidrig; lediglich die private Nutzung verstößt hingegen nicht gegen nachbarschützende Vorschriften.
Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften ergab sich allerdings nicht schon aus einem Gebietsbewahrungsanspruch. Der VGH befand zwar, dass ein Sand-Reitplatz nicht mit dem Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets vereinbar sei. Jedoch sprachen die bisherige Nutzung von Teilen des Grundstücks zur Pferdehaltung wie auch andere Grundstücksnutzungen in der näheren Umgebung (z.B. landwirtschaftliche Schuppen, Holzlagerplätze, gewerbliche Nutzungen) dagegen, dem ländlich geprägten Gebiet den Charakter eines allgemeinen Wohngebietes zuzuordnen. Als Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts kam daher nur ein Verstoß gegen das Gebot des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB in Frage. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Danach erwies sich laut VGH im konkreten Fall das Bauvorhaben insoweit als rücksichtslos gegenüber den Klägern, als es eine gewerbliche Nutzung des Reitplatzes zuließ. Die damit verbundene intensive Nutzung mit Gewinnerzielungsabsicht führe aufgrund der zu erwartenden Störungen zu nachteiligen Auswirkungen. Die rückwärtigen Außenwohnbereiche könnten dann nicht mehr zweckentsprechend genutzt werden. Mit vergleichbaren – kumulativ auftretenden – Störungen sei demgegenüber bei rein privater Nutzung nicht zu rechnen. Das Urteil ist rechtskräftig.