Die Aufhebung der Baugenehmigung wurde auch im Berufungsverfahren für rechtswidrig erklärt: Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies die Berufungen des Freistaats Sachsen und der beigeladenen Nachbarn zurück. Das Bauvorhaben verletze weder das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme, noch seien die Nachbarn durch die Baugenehmigung in drittschützenden wasserrechtlichen Vorschriften verletzt.
Dem von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Eigentümer eines Grundstücks im unbeplanten Innenbereich war Anfang 2007 eine Baugenehmigung zum Bau eines Wohnhauses mit Carport unter Auflagen hinsichtlich Hochwasserschutz erteilt worden. Die Nachbarn legten Widerspruch ein. Das zuständige Regierungspräsidium hob daraufhin in Widerspruchsverfahren die Genehmigung auf. Es sei davon auszugehen, dass das Vorhaben den Hochwasserabfluss zum Nachteil der in unmittelbarer Nähe vorhandenen Bebauung beeinträchtige.
Das Verwaltungsgericht Dresden gab der Klage des Grundstückseigentümers statt. Die maßgeblichen Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes und des Sächsischen Wassergesetzes seien nicht nachbarschützend, sondern dienten ausschließlich dem allgemeinen öffentlichen Interesse an vorbeugendem Hochwasserschutz. Sowohl der Freistaat Sachsen wie auch die Nachbarn legten hiergegen Berufung ein.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht folgte den Argumenten der Berufungskläger jedoch nicht. Zunächst stellte es fest, dass die Baugenehmigung aus dem Jahr 2007 nicht aufgrund Zeitablaufs erloschen war. Zwar sieht das Sächsische Landesrecht vor, dass Baugenehmigungen erlöschen, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach ihrer Erteilung mit dem Vorhaben begonnen wird. Hier aber war dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Baugenehmigung durch Widerspruchsbescheid aufgehoben wurde und nur deswegen nicht mit dem Vorhaben begonnen wurde, weil der Bauherr diese hoheitliche Entscheidung beachtet hat.
Im Weiteren verneinte das Gericht, dass die Nachbarn aus dem Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 BauGB verletzt werden. Eine unzumutbare Beeinträchtigung liege nicht vor. Von dem Vorhaben selbst gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen aus. Das eventuell bei Hochwasser auftretende Treibgut sei nur die mittelbare Folge eine Naturkatastrophe, aber keine vom Bauvorhaben direkt und unmittelbar ausgehende Gefährdung.
Ferner verletzt laut der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts die Baugenehmigung die Nachbarn auch nicht in drittschützenden wasserrechtlichen Vorschriften. Die hier maßgeblichen Vorschriften aus § 31 b WHG a.F. und § 100 a Abs. 1 SächsWG a.F. vermitteln über den vorbeugenden Hochwasserschutz im Interesse der Allgemeinheit hinaus keinen Drittschutz, denn sie richten sich weder nach ihrem Wortlaut an einen bestimmten Personenkreis, noch ist ein solcher durch Auslegung bestimmbar. Nach diesen Vorschriften ist jede Person im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Eine Eingrenzung z.B. auf ein Gebiet oder auf die Eigentümer benachbarter Grundstücke ist weder durch Bundes- noch durch Landesrecht erfolgt. Auch aus Bezugnahme auf den Schutz von Leben und Sachwerten lässt sich kein bestimmbarer Personenkreis ableiten. Sinn und Zweck des Hochwasserschutzes ist es, im Interesse der Allgemeinheit generell die Bautätigkeit in Überschwemmungsgebieten zu bremsen. Das Urteil ist rechtskräftig.