Klettern am Battertfelsen von August bis Mitte Januar wieder möglich: Verwaltungsgericht hebt Betretungsverbot teilweise auf

Juli, 2025 in Umweltschutz, Naturschutz und Immissionsschutz

Erfolg für den Deutschen Alpenverein: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat das von der Stadt Baden-Baden auf Weisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe erlassene Betretungsverbot für die klettersportlich genutzte „Badener Wand“ im Bereich der Battertfelsen aufgehoben, soweit es über die Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli eines jeden Jahres hinausgeht. Anlass für das von der Behörde ausgesprochene ganzjährige und zudem auch räumlich erweiterte Verbot war der verschlechterte Bruterfolg des an der „Badener Wand“ ansässigen Wanderfalkenpaares, der auf Störungen durch die Sport- und Freizeitnutzung zurückzuführen sei. Das Verwaltungsgericht erachtete zwar ein Betretungsverbot als solches und auch dessen räumliche Erweiterung auf die gesamte „Badener Wand“ für rechtmäßig, nicht jedoch die zeitliche Ausdehnung auf das gesamte Jahr. Insoweit sei die Verfügung ermessensfehlerhaft. Denn es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass anthropogene Handlungen in der Zeit vom 1. August bis 14. Januar eines jeden Jahres den verschlechterten Bruterfolg der Wanderfalken maßgeblich verursacht hätten.

Das Klettern hat an den Battertfelsen in Baden-Baden eine lange Tradition. Bereits 1887 begann deren klettersportliche Erschließung. Innerhalb der insgesamt 20 Felsen ist die „Badener Wand“ mit 80 Metern Breite und bis zu 55 Metern Höhe das größte Massiv. Seit 2004 wird diese auch von Wanderfalken als Brutplatz genutzt. Ab 2005 wurden daher – u.a. im Rahmen eines Runden Tisches, an dem auch der Alpenverein teilnahm – Schutzmaßnahmen umgesetzt. Mit einer 2017 erlassenen Verfügung untersagte die Stadt die Benutzung bestimmter Fußwege und Kletterrouten in der Zeit vom 15.01. bis 31.07. eines jeden Jahres. Auf Weisung des Regierungspräsidiums wurde 2022 eine neue Allgemeinverfügung erlassen, die das Betretungsverbot räumlich erweiterte und zeitlich auf das gesamte Jahr ausdehnte. Begründet wurde dies mit dem sich verschlechternden Erhaltungszustand der lokalen Wanderfalkenpopulation.

Der von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Alpenvereins e.V. (DAV) und eine ebenfalls vertretene Privatperson hatten (neben weiteren Klägern) nach erfolglosem Widerspruch beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage gegen die Verfügung erhoben. Thematisiert wurden hierbei u.a. die Definition der lokalen Population, Einflüsse außerhalb der Sport- und Freizeitnutzung (Witterungsbedingungen, Uhus als überlegene Konkurrenten) und die Frage der Verhältnismäßigkeit einer ganzjährigen Sperrung. Hierbei stellte der DAV, der sich auch als Naturschutzverband versteht, ein temporäres Verbot in der Brut- und Aufzuchtzeit – wie vielerorts in Deutschland üblich – nicht grundsätzlich in Frage.

Das Verwaltungsgericht bestätigte in seinem Urteil entgegen der Auffassung der Kläger die Einschätzung der Behörden, dass das an der „Badener Wand“ ansässige Wanderfalkenpaar als lokale Population im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz anzusehen sei und dass dessen Erhaltungszustand sich verschlechtert habe. Der Bruterfolg sei rückläufig und zuletzt unter den Wert von 0,7 Jungvögeln pro Jahr und Brutpaar gefallen, welcher zur Populationserhaltung notwendig sei. Auch sei es hinreichend wahrscheinlich, dass dies maßgeblich auf anthropogene Handlungen zurückzuführen sei (Sport- und Freizeitnutzung, die optische und akustische Reize innerhalb der Fluchtdistanz der Wanderfalken auslöst). Dass hingegen andere Faktoren den verschlechterten Bruterfolg verursacht haben könnten, sah das Gericht nicht als hinreichend wahrscheinlich an. So sei jedenfalls vor 2023 nicht davon auszugehen, dass ein Uhupaar im Bereich der „Badener Wand“ ansässig gewesen wäre – der Bruterfolg habe sich jedoch bereits zuvor verschlechtert. Auch Witterungseinflüsse, wie z.B. Starkregenereignisse, sahen die vom Gericht gehörten Sachverständigen nicht als ursächlich an.

Soweit ein Betretungsverbot für die Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli eines jeden Jahres für die gesamte „Badener Wand“ und einen darunter liegenden Bereich ausgesprochen worden sei, sei das den Behörden eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden. Das gelte auch bezüglich der räumlichen Erweiterung. Die artenschutzrechtlichen Belange überwiegen hierbei aus Sicht des VG das Interesse an klettersportlicher Nutzung. 

Als ermessensfehlerhaft wertete das Verwaltungsgericht jedoch die Allgemeinverfügung insoweit, als sie ein über die Zeit vom 15. Januar bis 31. Juli hinausgehendes ganzjähriges Betretungs- und Kletterverbot statuiert hatte. Denn es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass anthropogene Handlungen in der restlichen Zeit des Jahres den verschlechterten Bruterfolg der Wanderfalken maßgeblich verursacht hätten. In der Folge sei das Verbot in dieser Zeit nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung wurden bislang keine Erhebungen zu maßgeblichen Störungen außerhalb der Brutzeit, etwa während der Herbstbalz, vorgenommen. Dementsprechend erschöpften sich die Erkenntnisse hierüber alleine in der Vermutung, dass sich Sport- und Freizeitaktivitäten in den Vorjahren auf diese Jahreszeit fokussiert hätten. Auch zu einem spezifischen, mit diesen Aktivitäten in den Phasen der Herbstbalz und Winterruhe der Wanderfalken einhergehenden Störungspotenzial lägen derzeit keine einzelfallbezogenen Kenntnisse vor. Diesbezüglich hätte jedoch eine behördliche Pflicht zur Sachverhaltsermittlung bestanden.

Schließlich erachtete das Gericht das ganzjährige Verbot auch nicht deshalb für erforderlich, weil nur auf diesem Wege die Kletterinfrastruktur dauerhaft entfernt werden und so eine Umgehung des Verbots verhindert werden könne. Vielmehr erfülle eine Verschraubung bestehender Sicherungshaken während der Verbotszeit dieselbe Wirkung. Ein beträchtlicher Verbotsumgehungswille dahingehend, die Verschraubungen zu lösen, könne nicht angenommen werden.

Das Urteil ist rechtskräftig. Der DAV sieht darin einen wichtigen Schritt, um Naturschutz und Klettersport am Battert und darüber hinaus in Einklang zu bringen und möchte nun weiter den Dialog mit den Behörden führen.