Nutzungsuntersagung: Gericht wertet Monteurwohnungen als Beherbergungsbetrieb

Oktober, 2016 in Bauen und gewerbliche Anlagen

Betriebe des Beherbergungsgewerbes stellen gegenüber dem Wohnen eine eigenständige Art der baulichen Nutzung dar. Sind Personen nur übergangsweise für einen begrenzten Zweck (z.B. als Monteure) mit einem nicht über einen längeren Zeitraum gleichbleibenden Bewohnerkreis in einem Raum untergekommen, handelt es sich um eine andere Nutzungsart als Wohnen. Gemäß Verwaltungsgericht Karlsruhe und VGH Baden-Württemberg liegt auch dann, wenn keine „hoteltypischen“ Dienstleistungen (wie etwa Frühstück) angeboten werden und Räume nur mit monatlicher Laufzeit an Firmen vermietet werden, eine Beherbergung vor. Wenn kein geschlossener Rückzugsraum für jede einzelne Person vorhanden sei, sei die Unterbringung auch nicht vergleichbar mit dem Wohnen in Wohngemeinschaften bzw. Studentenwohnheimen. Die Gerichte bestätigten daher die Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs einer Nutzungsuntersagung.

Ein von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretener Eigentümer vermietet aus je zwei bis drei Ein- und Mehrbettzimmern, Küche, Bad und separatem WC bestehende Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus in einem Wohngebiet an Firmen zur Unterbringung von Monteuren, die über längere Zeiträume auf Firmenbaustellen in der Region tätig sind. Die Räume sind mit Betten und Schränken möbliert. Bettwäsche wird nicht bereitgestellt. Zudem werden weder Frühstück oder andere Mahlzeiten angeboten, noch gibt es einen Speisesaal o.ä. Die Bewohner versorgen sich ausschließlich selbst.

Die Baurechtsbehörde untersagte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung diese Nutzung und begründet dies damit, dass es sich vorliegend um einen Beherbergungsbetrieb und nicht um genehmigte Wohnnutzung handle. Ein Beherbergungsbetrieb liege auch vor, wenn keine hoteltypischen Leistungen erbracht werden. Dass sich Bewohner Speisen selbst zubereiten, reiche nicht aus, eine eigene Häuslichkeit zu begründen. Das Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde schloss sich dem an und verwies darüber hinaus auf die vorliegende Wohndichte. Die mit sechs bis neun Personen belegten Wohnungen böten kaum Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten.

Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht Karlsruhe lehnte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab, da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids höher einzuschätzen sei als das Interesse des Antragstellers. Die vorläufige Nutzungsuntersagung sei rechtmäßig, da sie der Präventivkontrolle Geltung verschaffe. Es handle sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sowohl im Sinne des Bauordnungs- wie auch des Bauplanungsrechts. Von Wohnen sei nur auszugehen, wenn eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit gegeben sei, die sich durch die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie der Freiwilligkeit des Aufenthalts auszeichne. Maßgebliches Kriterium der Abgrenzung zwischen Wohnen und Beherbergung sei die Möglichkeit der Bewohner, ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig zu gestalten. Diese sah das Verwaltungsgericht hier jedoch nicht als gegeben. Das Konzept sei trotz einer längerfristigen Vermietung an Firmen auf eine begrenzte Zeitspanne der Unterbringung ausgerichtet und auch nicht mit Wohngemeinschaften vergleichbar.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die Beschwerde des Eigentümers zurück und hob darauf ab, dass die Firmen als Mieter dort ihre Monteure nur für die Dauer deren Aufenthalts auf Baustellen unterbringen. Es fehle daher an der Dauerhaftigkeit des Wohnens. Auch gewährleiste die Raumaufteilung, abgesehen von lediglich drei Einbettzimmern, kein Privatleben. Damit sei die Situation anders als z.B. in studentischen Wohnheimen oder „Zweck-WGs“, denn dort erfolge keine Mehrfachbelegung von Zimmern mit Personen, die sich nicht kennen oder wenigstens befreundet sind. Durch die fehlende Rückzugsmöglichkeit fehle – jedenfalls nach deutschen Gepflogenheiten – ein Kernelement des Wohnens. Der Beschluss ist rechtskräftig.