Im Jahr 2015 stellte eine Stadt einen Teil ihres Friedhofes außer Dienst, um nach Ablauf der Ruhe- bzw. Nutzungszeiten eine Neugestaltung dieses Bereichs durchführen zu können. Eine Witwe beantragte die Umbettung der sterblichen Überreste ihres Ehemannes, damit sie im Falle des Ablebens in einer gemeinsamen ehelichen Grabstätte bestattet werden könne. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigte jedoch die Ablehnung der Stadt. Das Interesse eines Ehegatten, mit dem verstorbenen Ehegatten bestattet zu werden, finde seine Grenzen im Schutz der Totenruhe. Umbettungen verletzen die Totenruhe; dies gilt nur dann nicht, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten sein ausdrückliches Einverständnis mit einer Umbettung erklärt hat oder Tatsachen gegeben sind, aus denen ein solcher Wille mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann.
Um eine spätere Umgestaltung eines Teiles ihres Friedhofes zu ermöglichen, hatte die Stadt diesen Bereich im Jahr 2015 außer Dienst gestellt. Die Mindestruhezeiten von 15 Jahren blieben unangetastet, d.h. die Umgestaltungsmaßnahmen sind erst ab 2030 vorgesehen. 2016 beantragte eine Witwe die Umbettung der sterblichen Reste ihres verstorbenen Ehemannes in eine andere Grabstelle. Sie wolle im Falle ihres Ablebens in einem gemeinsamen Grab mit dem Ehemann bestattet werden, was in dem außer Dienst gestellten Friedhofsbereich nicht mehr möglich war. Sie und ihr Ehemann hätten vormals ausdrücklich den Wunsch nach einer gemeinsamen Grabstätte geäußert. Die Stadt lehnte den Antrag ab, da der Anspruch auf Achtung der Totenruhe Vorrang habe und sich aus dem Wunsch nach einer gemeinsamen Grabstelle nicht mit gebotener Sicherheit schließen lasse, dass der Verstorbene auch mit einer Umbettung einverstanden gewesen wäre. Sie sei jedoch vorbehaltlich einer Zustimmung des Gesundheitsamtes bereit, einer Umbettung ab 2021 zuzustimmen.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigte die Entscheidung der von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Stadt. Die Friedhofssatzung, welche die Umbettung von Leichen während der ersten zehn Jahre Ruhezeit vom Vorliegen eines besonderen Härtefalls abhängig macht, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein solcher besonderer Härtefall sei nicht gegeben. Grundsätzlich gehe die durch Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützte Totenruhe dem Interesse an einer Umbettung vor. Allerdings sei bei der Frage, ob eine Beeinträchtigung der Menschenwürde vorliegt, dem Willen des Betroffenen hinlängliches Gewicht beizumessen. Folglich können Maßnahmen wie eine Umbettung die Totenruhe dann nicht verletzen, wenn mit ihnen die Würde des Verstorbenen gewahrt und seinem (mutmaßlichen) Willen besser Rechnung getragen wird. Dieser Wille des Verstorbenen muss sich allerdings konkret auf die Umbettung beziehen; alleine der geäußerte Wille, die letzte Ruhe in einer gemeinsamen ehelichen Grabstätte zu finden, reicht also nicht aus.
Im vorliegenden Fall war nichts dafür ersichtlich, dass der verstorbene Ehemann zu Lebzeiten sein ausdrückliches Einverständnis mit einer Umbettung erklärt hätte und auch keine Umstände gegeben, aus denen ein dahin gehender Wille des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit hätte gefolgert werden können. Welche Einstellung der Verstorbene zur Frage einer Umbettung hatte, blieb unklar. Da der Wille nicht aufklärbar war, ging das Gericht davon aus, dass die Achtung der Totenruhe dem Verlangen auf Umbettung entgegensteht. Sonstige atypische Umstände zur Begründung eines besonderen Härtefalls lagen ebenfalls nicht vor. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.