Erfolg für den Bauherrn: Bei Bauvorhaben, deren Maß der baulichen Nutzung (hier: Gebäudehöhe) nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt werden muss, kommt der Abgrenzung der „näheren Umgebung“ eine entscheidende Bedeutung zu. Hatten im vorliegenden Fall die Baurechts- und die Widerspruchsbehörde argumentiert, dass nur ein Teil des Blockinnenbereichs im Geviert als rahmenbildende Umgebung heranzuziehen sei, kam das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Augenscheinnahme zu Gunsten des Bauherrn zu einem anderen Ergebnis. Weiterhin befasste sich das Gericht mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gebäude in der näheren Umgebung als „Ausreißer“ außer Acht gelassen werden kann.
Der von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Bauherr hatte die Aufstockung eines Wohngebäudes auf die Höhe von 11,20 m mit zurückversetzten Wohnungen (Staffeldachgeschoss) beantragt. Das Grundstück liegt im Bereich eines Bebauungsplanes, welcher nur die Art der baulichen Nutzung als allgemeines Wohngebiet festlegt. Im Übrigen richtet sich die Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 3 BauGB, wonach sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss. Streitig war im vorliegenden Fall das Maß der baulichen Nutzung, konkret ob die geplante Aufstockung in der Höhe zum Bestand mit einer hohen Blockrandbebauung und deutlich niedrigerer Blockinnenbebauung passt.
Baurechtsbehörde und Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde argumentierten, dass nur der östliche Teil der Blockinnenbebauung als rahmenbildende Umgebung anzusehen sei. Diese sei durch weitgehend heterogene Bebauung mit kleineren Anlagen bis maximal 8 m Höhe gekennzeichnet. Ein vorhandenes Gebäude mit 12 m Höhe sei als „Ausreißer“ zu werten und bleibe bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung außer Betracht. Dieser Sichtweise folgte das Verwaltungsgericht nicht und kam zum Ergebnis, dass das beantragte Bauvorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Das Gericht verwies auf die in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des VGH Baden-Württemberg entwickelten Kriterien zur Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung. Unter Anwendung dieser Kriterien sah das Verwaltungsgericht den gesamten Innenbereich des Gevierts – und nicht nur seinen östlichen Teil – als zusammengehörige Umgebung an. Ein in der Mitte der Bebauung befindliches Betriebsgebäude entfalte keine abgrenzende Wirkung. Auch wenn sich im östlichen Bereich mehr niedrige Flachdachgebäude be-fänden als im westlichen, trete die Bebauung im gesamten Blockinnenbereich uneinheitlich in Erscheinung. Das von behördlicher Seite als „Ausreißer“ ausgeschlossene höhere Gebäude kann aus Sicht des Verwaltungsgerichts nicht außer Acht gelassen werden. Eine solche Ausklammerung sei nur zulässig, wenn Gebäude entweder wegen geringer Ausdehnung, Höhe usw. nur am Rande wahrgenommen werden oder sie völlig aus dem Rahmen der sonst anzutreffenden Bebauung herausfallen und mit ihrer Einzigartigkeit den Charakter der Umgebung nicht beeinflussen können. Hier jedoch präge gerade dieses Gebäude mit 12 m Höhe nach Erscheinungsbild und Lage den Charakter des Baugrundstücks mit und wirke nicht als „Fremdkörper“. Beziehe man aber den westlichen Blockinnenbereich mit weiteren hohen Gebäuden ein, so füge sich die geplante Aufstockung auf 11,20 m in die nähere Umgebung ein und sei daher zulässig. Anhaltspunkte für einen sonstigen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vermochte das Gericht nicht zu erkennen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.