Mit ihrer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wollte eine Nachbarin festgestellt wissen, dass die bei einem Bauvorhaben ausnahmsweise zugelassene Überschreitung der Baugrenze nicht rechtmäßig sei. Diese Beschwerde blieb ohne Erfolg. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zur „Geringfügigkeit“ seien zutreffend und es liege keine Verletzung des Gebots zur Einhaltung von Abstandsflächen vor, so der VGH. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens sei nicht anzunehmen, das Städtebaurecht gewähre auch keinen Schutz vor Einblickmöglichkeiten durch Nachbarn.
Den von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Bauherren war eine Baugenehmigung erteilt worden, in der u.a. auch eine geringfügige Überschreitung der seitlichen nördlichen Baugrenze zugelassen wurde. Ein bei einer Gesamtwandbreite von 13 m nicht mehr als 1,5 m vorspringender und 5 m langer Erker wurde als außer Betracht zu lassender Vorbau eingestuft.
Die Eigentümerin des Nachbargrundstücks erhob Widerspruch und begehrte mit einem Eilantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Dies lehnte das Verwaltungsgericht ab. Der mittels Beschwerde angerufene VGH vermochte keine Gründe erkennen, wonach die Entscheidung der Vorinstanz fehlerhaft sein könnte.
Auf die Frage, ob die Baugrenzen eine drittschützende Wirkung hatten, kam es für die Entscheidung nicht an. Zur Ausfüllung des für die Zulässigkeit einer Überschreitung der Baugrenze maßgeblichen unbestimmten Rechtsbegriffs „in geringem Ausmaß“ konnte auf die Regelung in § 5 Abs. 6 LBO (Vorbauten wie Erker, wenn sie nicht länger als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m hervortreten und mindestens 2 m von der Grundstücksgrenze entfernt bleiben) zurückgegriffen werden. Vor dem Hintergrund lag keine Verletzung des Gebots zur Einhaltung von Abstandsflächen vor. Ebensowenig vermochte der VGH eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 GG nicht zu erkennen. Die Behauptung der Nachbarin, die Baurechtsbehörde habe Befreiungsvorschriften in anderen Fallkonstellationen restriktiv ausgelegt, reichte als Begründung hierfür nicht aus, zumal sich diese Behauptung weder auf das dasselbe Baugebiet noch auf eigene Betroffenheit bezog.
Schließlich konnte auch die Argumentation, die Überschreitung der Baugrenzen sei angesichts der heute üblichen geringeren Grundstücksgrößen nicht tragbar, den Verwaltungsgerichtshof nicht überzeugen. Zu Recht sei eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens vom Verwaltungsgericht nicht angenommen worden. Das Städtebaurecht gewähre keinen Schutz vor Einblickmöglichkeiten der Nachbarn auf das eigene Grundstück, zumal im vorliegenden Fall nicht zu befürchten sei, dass für die Betroffenen keinerlei Rückzugsmöglichkeiten mehr bestünden. Weitere Rügen blieben ebenfalls ohne Erfolg, so die Behauptung, die Behörde habe die Bauherrn unberechtigt von einer Vielzahl weiterer Vorschriften befreit oder dass es einer Änderung des Bebauungsplanes bedurft hätte.
Der Beschluss ist rechtskräftig.