Erfolg für den Projektentwickler im Berufungsverfahren: Nachdem zunächst das Verwaltungsgericht Karlsruhe auf Betreiben der Stadt entschieden hatte, die Gewerbeeinheit eines Gebäudes dürfe nicht für die Ansiedlung eines Drogeriemarkts genutzt werden (vgl. hier), sah der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg keinen solchen Verzichtsanspruch der Stadt. Der Vertrag, mit dem dieser Verzichtsanspruch begründet wurde, verstößt gegen das aus § 1 Abs. 1 BauGB folgende Verbot bauleitplanersetzender städtebaulicher Verträge und ist daher nichtig. Darüber hinaus folgte der VGH auch nicht der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung des Vertragstextes. Somit darf nun an dieser Stelle ein Drogeriemarkt einziehen.
Die von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Projektentwicklungsgesellschaft hatte mit der Stadt über die Neubebauung eines Grundstücks mit ca. 600 m² Gewerbefläche im Erdgeschoss verhandelt. Hierzu wurde dann ein „städtebaulicher Vertrag“ abgeschlossen. Im Vertrag enthalten war die Bestimmung, dass bei der konkreten Ansiedlung von Handelseinrichtungen das Einzelhandelskonzept der Stadt zu beachten sei, welches vorgebe, dass an diesem Standort keine innenstadtrelevanten Einzelhandelsnutzungen zulässig seien.
Zu der Absicht, auf der Gewerbefläche einen Drogeriemarkt unterzubringen, legte die Gesellschaft eine Auswirkungsanalyse vor, die beinhaltete, dass sich aus einer Drogeriemarktnutzung keine schädlichen Rückwirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Stadt ergeben würden. Im Jahr 2014 erhielt die Gesellschaft nach erfolgreichem Widerspruchsverfahren auch eine Baugenehmigung hierfür, zugleich aber reichte die Stadt Klage beim Verwaltungsgericht ein, um – gegründet auf den städtebaulichen Vertrag – die Ansiedlung eines Drogeriemarkts zu verhindern. Erstinstanzlich kam daraufhin das VG Karlsruhe zu dem Ergebnis, die Beteiligten hätten sowohl eine Bindung an das Einzelhandelskonzept als auch ein konkretes Nutzungsverbot vereinbart. Auch aus dem Grundsatz der Planmäßigkeit in § 1 Abs. 1 und 3 BauGB ergebe sich kein gesetzliches Verbot, das der Wirksamkeit des Vertrages entgegenstehe.
Anders jedoch die rechtliche Bewertung durch den Verwaltungsgerichtshof: Zunächst machte das Gericht deutlich, dass der vorliegende Vertrag gegen das Verbot bauleitplanersetzender Verträge verstößt, welches sich aus dem Grundsatz der Planmäßigkeit nach § 1 Abs. 1 BauGB ergibt. Zwar sieht das BauGB die Handlungsform städtebaulicher Verträge vor, jedoch ist es unzulässig, dass eine Gemeinde ihre nicht in einem Bebauungsplan normierten städtebaulichen Vorstellungen stattdessen im Wege eines solchen Vertrags durchzusetzen versucht. Denn damit umgeht, so der VGH, die Gemeinde in nicht hinnehmbarer Weise die sich aus dem Baugesetzbuch ergebenden formellen und materiellen Anforderungen an Bebauungspläne sowie die bundesgesetzlich garantierten Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Komplexität und Dauer eines Planaufstellungsverfahrens vermag die Zulässigkeit eines ersetzenden städtebaulichen Vertrags nicht zu begründen. Wie der VGH näher ausführt, waren im vorliegenden Fall mehrere Vertragsinhalte (z.B. Festsetzung eines Mischgebiets, maximal dreier Vollgeschosse sowie von Baulinien und –grenzen) bebaungsplanersetzend und somit unzulässig. Dies führte zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags. Ferner legte der Verwaltungsgerichtshof die Vertragsbestimmung zur Berücksichtigung des städtischen Einzelhandelskonzepts anders aus als die Vorinstanz. Es komme nicht eindeutig zum Ausdruck, dass die Beteiligten die Unzulässigkeit einer zentrenrelevanten Einzelhandelsnutzung (u.a. Drogeriemarkt) „absolut“ und damit unabhängig von einer sachverständigen Prüfung nach Maßgabe des Einzelhandelskonzepts vereinbart hätten. Auch merkte der VGH an, dass die Projektentwicklungsgesellschaft die Vorgaben des städtebaulichen Rahmenplans im Wesentlichen beachtet haben dürfte und nicht einseitig vom damaligen Vertragsabschluss profitiert habe.