Konflikt in einem dicht bebauten innerstädtischen Kerngebiet: Gegen die einem Grundstückseigentümer erteilte Baugenehmigung für den An- und Ausbau von Hotelzimmern sowie Aufstockung und Umnutzung von Gebäudeteilen wandte sich ein betroffener Nachbar. Der massive Bau sei zu hoch, füge sich nicht in die Umgebung ein und lasse die gebotene Rücksichtnahme vermissen. Das mit dem Fall betraute Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Nachbarklage jedoch ab. Auf den Nachbargrundstücken fänden sich bereits vergleichbare Gebäudehöhen, weder zusätzliche Einsichtmöglichkeiten auf das Nachbargrundstück noch Verschattung stellten hier einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot dar. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass das stark verdichtete innerstädtische Kerngebiet bereits entsprechend vorbelastet sei.
Auf einem im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans für ein Kerngebiet liegenden Grundstück befindet sich zur Straße hin ein Hotelgebäude und nach hinten eine weitere grenzständige Bebauung. Der durch die Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Eigentümer beantragte eine Baugenehmigung für die Umnutzung von Wohnungen zu Hotel, Anbau von Hotelzimmern und Aufstockung eines Zwischengebäudes. Damit verbunden ist eine teilweise Aufstockung auf Gebäudehöhen von ca. 15,5 Metern. Im Rahmen der Nachbaranhörung erhob der Eigentümer des nördlich angrenzenden Grundstücks Einwendungen. Das Vorhaben führe durch Länge und Höhe zu Verschattung der Innenhöfe und des Gartens. Der massive Bau sei zu hoch und füge sich nicht in die nähere Umgebung ein und lasse die gebotene Rücksichtnahme vermissen. Nachdem die Baurechtsbehörde diese Einwendungen zurückgewiesen und die Baugenehmigung erteilt hatte, brachte der Nachbar im Widerspruchs- und anschließenden Klageverfahren weitere Punkte vor, u.a. Wassereintritt auf dem Grundstück durch einen Baufehler, An- und Abfahrtsverkehr durch Hotelbetrieb, Verdunkelung des Grundstücks und Störung der Privatsphäre durch Einblickmöglichkeiten.
Das Verwaltungsgericht wies in seiner Urteilsbegründung eingangs darauf hin, dass erstens ein Abwehrrecht eines Nachbarn nur gegeben ist, wenn das genehmigte Bauvorhaben drittschützende – also zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dienende – Vorschriften verletzt. Zweitens sei die Überprüfung auf die Einwendungen zu beschränken, die innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung (§ 55 LBO) vorgebracht wurden. Die Frage von behaupteten Baufehlern, fehlenden Sicherungsmaßnahmen oder eines etwaigen Wasserschadens seien Fragen der Bauaufsicht bzw. auf dem Zivilrechtswege zu klären. Hinsichtlich vorgebrachter Lärmbelästigungen durch den Hotelbetrieb wies das Gericht darauf hin, dass das Vorhaben als Betrieb des Beherbergungsgewerbes im Kerngebiet gemäß Bebauungsplan allgemein zulässig sei. Damit seien durch An- und Abfahrtsverkehr verursachte Unannehmlichkeiten im Regelfall hinzunehmen. Dass ein unzumutbares Maß an Störungen eintreten werde, sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Zur Frage, ob das Maß der baulichen Nutzung – hier insbesondere die Gebäudehöhen – gegen das Rücksichtnahmegebot verstoße, zog das VG die Gebäude der näheren Umgebung heran und konnte sich im Rahmen der Augenscheinsnahme überzeugen, dass sich auf Nachbargrundstücken bereits vergleichbare Höhen finden. Das Vorhaben sei mit Blick auf seine Höhe und die Grenzständigkeit gegenüber dem Nachbarn nicht rücksichtslos. Hinsichtlich der Einsichtnahmemöglichkeiten wies das Gericht darauf hin, dass es sich bereits nach der Konzeption um ein stark verdichtetes innerstädtisches Kerngebiet handle, in dem es zur Normalität gehöre und unvermeidbar sei, dass von Nachbarn Einsicht genommen werden könne. Auch die (zusätzliche) Verschattung durch Aufstockung und Anbau verstoße nicht gegen das Rücksichtnahmegebot; die Unzumutbarkeitsgrenze werde nicht überschritten. Eine erdrückende Wirkung gehe vom Vorhaben auch nicht aus, denn eine solche liege nicht schon dann vor, wenn bisherige Verhältnisse durch eine Verdichtung geändert werden. Vielmehr müsse das benachbarte Grundstück unangemessen benachteiligt werden. Dies sei hier nicht der Fall, zumal das Nachbargrundstück bereits maßgeblich vorbelastet sei. Auch die Abstandsvorschriften seien nicht verletzt; die Abstandsflächen seien eingehalten bzw. es dürfe gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO aufgrund der bereits vorhandenen Grenzbebauung auf dem Nachbargrundstück und auf dem Baugrundstück an die Grenze gebaut werden. Darauf, dass die Grenzbebauung auf dem Nachbargrundstück zweigeschossig ist und das Bauvorhaben deutlich höher wird, kommt es dabei nicht an.
Das Urteil ist rechtskräftig.