Bei einem einige Jahre zurückliegenden Brand in einem Betrieb wurde Feuerlöschschaum eingesetzt, der PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) enthielt. Aufgrund später festgestellter Überschreitung von Grenzwerten im Boden ordnete das Landratsamt eine bodenschutzrechtliche Sanierung einschließlich sofortiger Vollziehung an. Auf den hiergegen eingereichten Eilantrag ordnete das Verwaltungsgericht Freiburg die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Widerspruches an. Denn die Erfolgsaussichten des Widerspruches seien offen. Fraglich sei bereits, ob aktuell noch eine sanierungsbedürftige schädliche Bodenveränderung vorliege. Weiterhin sei unklar, ob der Schaden auf ein Fehlverhalten der Feuerwehr zurückzuführen ist.
PFAS, also per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (auch als PFC oder PFT bezeichnet), kommen u.a. in einigen Verbraucherprodukten, Pflanzenschutzmitteln und auch in älteren Feuerlöschmitteln vor. Über Bodenverunreinigungen können sie in das Grundwasser gelangen. Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt sehen in diesen langlebigen Stoffen gesundheitsschädliche Wirkungen. Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften haben Geringfügigkeitsschwellenwerte für das Grundwasser (GFS) abgeleitet; werden diese überschritten, prüfen und ergreifen die Behörden Maßnahmen. Im vorliegenden Falle kam es in dem von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Betrieb bereits im Jahr 2014 zu einem Brand, bei dessen Bekämpfung die Feuerwehr einen PFAS-haltigen Löschschaum einsetzte. Messungen in den Jahren 2019 und 2021 ergaben Überschreitungen der Geringfügigkeitsschwellenwerte. Das Landratsamt ordnete gegenüber dem Unternehmen erst 2022 die Durchführung von bodenschutzrechtlichen Sanierungsmaßnahmen und zugleich die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an.
Das Unternehmen legte Widerspruch ein und stellte beim Verwaltungsgericht Freiburg den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Das Gericht entsprach diesem Antrag. Zwar sei der Bescheid formell rechtmäßig und auch die Anordnung des Sofortvollzugs ausreichend begründet, jedoch falle die nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Betriebes aus. Die Erfolgsaussichten des Widerspruches seien offen.
Maßgeblich für das Gericht waren vor allem zwei Aspekte. Zunächst stelle es sich als offen dar, ob und inwieweit zum jetzigen Zeitpunkt noch eine sanierungsbedürftige Bodenveränderung im Sinne von § 4 Bundesbodenschutzgesetz vorliege. Das herangezogene Gutachten bezog sich auf Messungen Ende 2021. Bei diesen wurden verschiedene GFS-Werte überschritten. Allerdings zeigte sich gegenüber der vorangegangenen Messung aus dem Jahr 2019 ein deutlicher Rückgang (z.B. H4PFOS im Jahr 2021 10- bis 30-Faches des GFS-Werts, im Jahr 2019 noch über 100-fach). Angesichts dieser deutlichen Verringerung und des seither wiederum vergangenen Zeitraumes von 1,5 Jahren sei für das Gericht zweifelhaft, ob jetzt noch solche Grenzwertüberschreitungen vorliegen, die Sanierungsmaßnahmen erfordern.
Zweiter Aspekt war die Frage, ob der Umweltschaden auf ein Fehlverhalten Dritter (hier: der Feuerwehr) zurückzuführen ist. Handlungsstörer ist derjenige, der unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls durch seinen Beitrag die Gefahrenschwelle überschritten und damit die unmittelbare Ursache für den Eintritt der Gefahr gesetzt hat. Entscheidend sei hier, so das Verwaltungsgericht, ob die Folgen des Löscheinsatzes dem Betrieb selbst zuzurechnen seien. Dies sei zwar in der Regel der Fall, jedoch dann nicht, wenn der Schaden maßgeblich auf ein Fehlverhalten der Feuerwehr zurückzuführen wäre.
Diese Frage konnte das Gericht jedoch nicht eindeutig beantworten. In einem ersten Gutachten aus dem Jahr 2020 kam ein Brandschutz-Sachverständiger zum Ergebnis, die Verwendung des Schaummittels sei nicht sachgemäß gewesen. Ein weiteres Feuerwehr-Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2021 gelangte hingegen zum Ergebnis, der Einsatz des PFAS-haltigen Schaummittels durch die Feuerwehr sei insgesamt verhältnismäßig gewesen. Diese gutachterliche Stellungnahme wird jedoch mit fachlichen Einwendungen seitens des Betriebs angegriffen; u.a. wird vorgetragen, es habe eine Fehleinschätzung der Gefahrenlage vorgelegen. Zudem habe nach dem Einsatz Zeit bestanden, Schutzmaßnahmen gegen die Freisetzung des Löschmittels zu ergreifen. Zur abschließenden Beurteilung dieser Fragen hielt das VG ergänzende Stellungnahmen bzw. ein Obergutachten für erforderlich.
Das Verwaltungsgericht kam zum Ergebnis, dass nach alledem derzeit die Erfolgsaussichten des Widerspruchs offen seien. Bei der Interessensabwägung sei den Interessen des Betriebes Vorrang einzuräumen. Der Sanierungsbedarf sei substantiiert in Frage gestellt worden. Das öffentliche Interesse an möglichst zeitnaher Aufnahme der Sanierung wiege – insbesondere nach so langer Zeit - weniger schwer.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.