Nachdem das Landratsamt zunächst einen positiven Bauvorbescheid erteilt hatte, kam das Regierungspräsidium im Widerspruchsverfahren zu einer anderen Beurteilung und wies das Landratsamt an, den Bescheid zurückzunehmen. Die gegen diese Rücknahme gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Erfolg. Das geplante Bauvorhaben, ein 6-Familien-Haus, füge sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung ein. Das Gericht zog bei seiner rechtlichen Beurteilung mehrere Referenzobjekte heran. Auch schließe das Erfordernis des Einfügens nicht schlechthin aus, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht im Rahmen halte, könne sich noch in seine nähere Umgebung einfügen, wenn es weder selbst noch infolge seiner Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wies die Berufungsklage eines Nachbarn zurück, denn der Bauvorbescheid verletze keine Nachbarrechte.
Zu einer unterschiedlichen Beurteilung kamen Landratsamt als Baurechtsbehörde und Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde hinsichtlich eines Antrags auf Bauvorbescheid für ein 6-Familien-Haus im unbeplanten Innenbereich einer Gemeinde. Zunächst war das Landratsamt nach einer Besprechung in der Kreisbaumeister-Runde zu dem Ergebnis gekommen, das Vorhaben füge sich in die nähere Umgebung ein, erteilte den beantragten Bauvorbescheid und wies die Einwendungen diverser Nachbarn zurück. Auf Widerspruch zweier Nachbarn hin führte das Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde einen weiteren Ortstermin durch und gelangte zu der Auffassung, das Gebäude füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Umgebung ein. Es forderte das Landratsamt auf, den Bescheid nach §§ 48 Abs. 1 S. 1 und 50 LVwVfG zurückzunehmen, was auch entsprechend geschah. Hiergegen richtete sich die Anfechtungsklage des von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Bauherrn.
Das Verwaltungsgericht setzte sich zunächst ausführlich mit der Zulässigkeit der Klage auseinander. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Rücknahmebescheids war unrichtig erteilt worden, da sie auf eine Klage beim VG verwies, nicht jedoch auf das eigentlich zunächst erforderliche Widerspruchsverfahren. Zusätzlich zur Klage beim VG hatte der Bauherr später dennoch vorsorglich auch Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Die Zulässigkeit der Klage sah das VG nach § 75 VwGO gegeben, da zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung seit deutlich mehr als drei Monaten nicht über den Widerspruch entschieden worden war. Auf Nachholung des Vorverfahrens konnte verzichtet werden, da vorliegend die Rücknahme auf Weisung des Regierungspräsidiums hin erfolgt war und dieses sich somit bereits mit der Frage der Rechtmäßigkeit des Bauvorbescheids intensiv auseinandergesetzt hatte. Damit stand das negative Ergebnis bei etwaiger Nachholung des Widerspruchsverfahrens bereits fest und der Zweck desselben hätte nicht mehr erreicht werden konnte. Im Berufungsverfahren schloss sich der VGH dieser Sichtweise an, denn das Regierungspräsidium habe zu erkennen gegeben, sich bereits eine abschließende Meinung gebildet zu haben.
In der Sache war die Klage begründet; laut Verwaltungsgericht lagen die materiellen Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bauvorbescheids nicht vor. Dass die Gemeinde zwischenzeitlich für das Gebiet einen Bebauungsplan beschlossen hat, war für den Ausgang des Verfahrens unerheblich, da im maßgeblichen Zeitpunkt – nämlich bei Erlass des Bescheides – ein Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids bestanden hatte. Zunächst grenzte das VG den als nähere Umgebung zu definierenden Bereich ab und legte sodann dar, dass sich das geplante Vorhaben sowohl nach Art wie auch nach Maß der baulichen Nutzung in diese nähere Umgebung einfüge. Das Gericht erkannte zwei vorhandene Anwesen als Referenzobjekte in der näheren Umgebung, welche in Erscheinungsbild sowie nach den einzelnen Maßfaktoren ein Vorbild für das geplante Bauvorhaben darstellen. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass diese Anwesen nicht als Referenzobjekte in Frage kämen, wäre dennoch von einem Einfügen auszugehen. Das Erfordernis des Einfügens schließe nämlich nicht schlechthin aus, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Im Ausnahmefall könne auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens halte, sich in die nähere Umgebung einfügen. Voraussetzung hierfür sei, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene zu erhöhen. Solche Spannungen vermochte das VG bei dem beantragten Vorhaben nicht zu erkennen. Das Bauvorhaben werde nicht als Fremdkörper erscheinen. Es sei auch nicht rücksichtslos; weder aus der Anzahl der Wohnungen, noch aus der Schaffung weiterer Einsichtsmöglichkeiten sei eine Rücksichtslosigkeit in Bezug auf die vorhandene benachbarte Wohnbebauung herzuleiten.
Der Verwaltungsgerichtshof stellte nach einer Ortsbesichtigung in seinem Berufungsurteil klar, dass in vorliegender Konstellation die Berufung eines Nachbarn nur dann begründet wäre, wenn das Urteil den Nachbarn in seinen Rechten verletzt. Dies wäre dann der Fall, wenn der positive Bauvorbescheid Nachbarrechte verletzen würde, was aber hier aber nicht gegeben sei. Das Bauvorhaben beeinträchtige die Interessen des Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise, und zwar insbesondere nicht unter dem Aspekt einer „erdrückenden Wirkung“, denn es nehme dem Nachbargebäude weder die Luft, noch erzeuge es ein Gefühl des Eingemauertseins oder werde als „herrschend“ wahrgenommen. Auch hinsichtlich entstehender Verschattung, Einsichtsmöglichkeiten oder Einschränkung einer freien Aussicht sah der VGH das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt; so gehöre es gerade in bebauten innerörtlichen Lagen zur Normalität, dass Einsichtsmöglichkeiten auf Nachbargrundstücke bestehen.
Das Urteil ist rechtskräftig.