Veranstaltungshalle verstößt nicht gegen bau- und brandschutzrechtliche Vorschriften – Klage auf Nutzungsuntersagung abgewiesen

Januar, 2021 in Bauen und gewerbliche Anlagen, Umweltschutz, Naturschutz und Immissionsschutz

Die Nutzung baulicher Anlagen kann nach § 65 LBO untersagt werden, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Eine solche Untersagung begehrte ein Mieter in einem Gebäudekomplex, in dem auch die Veranstaltungshalle eines Kulturvereins liegt und berief sich hierbei u.a. auf Geräuschemissionen und unzureichenden Brandschutz. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage ab, da die Nutzung der Halle für Veranstaltungen bis 100 Personen im Rahmen der Baugenehmigung liege und Verstöße nicht festgestellt wurden. Auch sei keine akute Gefahr im Hinblick auf Brandschutzvorschriften ersichtlich, die zuständige Branddirektion sei im Genehmigungsverfahren eingebunden gewesen und habe auch keine Missstände hinsichtlich der aktuellen Ausgestaltung feststellen können.

Der durch die Kanzlei Dr. Melchinger vertretene Kulturverein betreibt auf der nördlichen Seite eines Gebäudekomplexes eine Veranstaltungshalle, die seit 2002 gemäß Baugenehmigung für Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen genutzt werden darf. Im Jahr 2016 beantragte ein Mieter, dessen Wohnung im Obergeschoss auf der westlichen (Rück-)Seite des Gebäudes liegt, bei der Baurechtsbehörde die Untersagung der Nutzung dieser Halle. Er vermutete, dass die Personenzahl bei Veranstaltungen überschritten werde. Seine Wohnung sei unzumutbaren Lärmbelästigungen ausgesetzt, es fehle an der erforderlichen Zahl von Stellplätzen und es mangele u.a. an Brandschutzeinrichtungen. Nachdem die Baurechtsbehörde zwar Besprechungen mit dem Kulturverein geführt hatte, ansonsten aber nicht tätig wurde, erhob der Nachbar letztlich eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe und beantragte die Nutzungsuntersagung.

Das Gericht bejahte zunächst die Klagebefugnis des Nachbarn. Auch als Mieter im selben Gebäudekomplex – und somit nicht Eigentümer eines Nachbargrundstücks – könne er sich auf mögliche Gesundheitsbeeinträchtigungen durch den Betrieb der Halle berufen. Einen Anspruch des Klägers auf Erlass einer Anordnung der Nutzungsuntersagung verneinte das Verwaltungsgericht jedoch.

Die Nutzung baulicher Anlagen kann nach § 65 Abs. 1 S. 2 LBO untersagt werden, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Dieser Umstand wurde durch das Gericht verneint, da die Nutzung der Halle aufgrund einer geltenden Baugenehmigung erfolge und die tatsächliche Nutzung auch nicht über den Rahmen dieser Genehmigung hinausgehe. Die Baurechtsbehörde hatte 2002 die Nutzung eines Veranstaltungsraums mit Szenefläche für maximal 100 Personen genehmigt; diese Baugenehmigung ist bestandskräftig und wurde nicht zurückgenommen. Die aktuelle Nutzung entspreche dieser Baugenehmigung. Der Kulturverein trug glaubhaft vor, die Personenbegrenzung einzuhalten, die Baurechtsbehörde überwache dies auch seit der Beschwerde des Nachbarn verstärkt. Verstöße seien zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Der Nachbar konnte letztlich im gerichtlichen Verfahren keine konkreten Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmenden benennen.

Auch nach der Vorschrift des § 58 Abs. 6 S. 1 LBO bestand laut Verwaltungsgericht kein Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung. Nach dieser Regelung können auch nach Erteilung einer Baugenehmigung Anforderungen gestellt werden, um Gefahren für Leben oder Gesundheit oder um – bei Genehmigung nicht voraussehbare – Gefahren oder erhebliche Nachteile oder Belästigungen von der Allgemeinheit und den Nutzern abzuwenden. Bei Gefahr im Verzug kann die weitere Nutzung untersagt werden. In Betracht käme z.B. ein Verstoß gegen Brandschutzvorschriften. Dies vermochte das Gericht jedoch hier nicht zu erkennen. Die Baugenehmigung habe der zuständigen Branddirektion vorgelegen, diese habe neben einigen kleineren Anforderungen – welche vollständig umgesetzt wurden – keine Einwendungen vorgetragen und auch später keine Missstände bei der aktuellen Ausgestaltung des Brandschutzes feststellen können.

Das Gericht konnte sich ferner nicht davon überzeugen, dass von der Nutzung der Halle Gefahren für Leben oder Gesundheit des Nachbarn i.S.v. § 58 Abs. 6 LBO ausgehen. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Nachbar gesundheitsschädigenden Lärmpegeln dauerhaft ausgesetzt sei. Die daneben in Betracht kommende Generalklausel des Immissionsschutzrechts (§ 24 BImSchG) ermöglicht zwar u.a. Lärmschutzanordnungen oder Regelungen zur Betriebszeit, jedoch keine völlige Nutzungsuntersagung, welche der Nachbar hier aber ausdrücklich beantragt hatte.

Das Urteil ist rechtskräftig.