Zunächst hatte der Bauantrag auf Erstellung eines Wohnhauses eine Baugenehmigung erhalten, doch nach einem Nachbarwiderspruch nahm die Untere Baurechtsbehörde auf Weisung der Höheren diese wieder zurück. Das Wohngebäude führe zu einem „Kippen“ des im Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiets hin zu einem allgemeinen Wohngebiet. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sah die Rechtslage jedoch anders: eine Wirksamkeit des Bebauungsplans vorausgesetzt – woran Zweifel bestanden – wertete das Gericht das Vorhaben als genehmigungsfähig, weil das festgesetzte Mischgebiet von vorneherein nicht auf ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe angelegt gewesen sei, sondern lediglich als Pufferzone zwischen Gewerbegebiet und Wohnbebauung dienen sollte. Andernfalls – also bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans - sei das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen und dann ebenfalls genehmigungsfähig, weil es sich in die nähere Umgebung einfüge.
Nach Aufhebung des Rücknahmebescheids durch Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sind die Bauherren, die ein Wohnhaus mit Carport und Büro im Untergeschoss errichten wollen, wieder im Besitz einer Baugenehmigung. Diese war ihnen 2017 zunächst bereits erteilt worden, jedoch einige Monate später - nach einem Nachbarwiderspruch - auf Weisung der Widerspruchsbehörde rückwirkend aufgehoben worden. Zur Begründung verwies die Baurechtsbehörde darauf, dass das Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liege, der als Gebietsart ein „Mischgebiet“ vorsehe. Eine Zulassung des Vorhabens führe zu einem beherrschenden Übergewicht der Wohnnutzung und damit zu einem „Kippen“ des Mischgebiets hin zu einem allgemeinen Wohngebiet.
Die von der Kanzlei Dr. Melchinger vertretenen Bauherren erhoben Klage beim Verwaltungsgericht. Diese hatte Erfolg. Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Baugenehmigung nicht vorgelegen hatten, weil diese formell und materiell rechtmäßig war. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob der Bebauungsplan – wie von den Bauherren vorgetragen – materiell unwirksam gewesen ist. Erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit bestanden, weil den Akten weder die ordnungsgemäße Ausfertigung noch die Identität des zeichnerischen Teils mit der vom Gemeinderat beschlossenen Fassung entnommen werden konnte.
Unter Annahme einer Wirksamkeit des Bebauungsplans würde das Vorhaben dessen Festsetzungen nicht widersprechen. Wohngebäude sind in einem Mischgebiet allgemein zulässig. Eine Unzulässigkeit kann sich im Einzelfall ergeben, wenn das Gebiet durch eine überwiegende Wohnnutzung „umkippen“ und die Eigenart eines Mischgebiets verlieren würde. Das gilt aber nicht, wenn die Festsetzung eines Mischgebietes nur der Abpufferung zwischen Gewerbe und Wohnnutzung dienen soll. So verhält es sich hier. Im Übrigen ließ sich auch aus der für Mischgebiete untypischen Grundflächenzahl von 0,35 und Geschossflächenzahl von 0,45 schließen, dass das Mischgebiet von vorneherein nicht auf gleichberechtigtes nebeneinander von Wohn- und Gewerbenutzung angelegt war. Zudem ist aus Sicht des Gerichts die Festsetzung „Mischgebiet“ wohl bereits funktionslos geworden und das Gebiet schon längst zu einem faktischen Wohngebiet „gekippt“ – denn von den 14 erschlossenen Grundstücken im Gebiet sind elf bereits mit Wohngebäuden bebaut, eines mit Nebengebäuden und weitere zwei sind noch unbebaut.
Im Falle einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans und Beurteilung des Vorhabens nach § 34 BauGB wäre dieses zulässig, weil es sich in die nähere Umgebung - hier geprägt durch ein- bis zweistöckige Wohngebäude mit Gärten und Nutzbauten (Garagen, Schuppen u.a.) - einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits wies das Verwaltungsgericht den Nachbarn noch darauf hin, dass dessen eigenes Grundstück ebenfalls wohnlich genutzt werde und nicht erkennbar sei, inwiefern ihm ein schutzwürdiges Interesse dahingehend zukommen könnte, dass neben seinem Grundstück statt des geplanten Wohnhauses ein Gewerbebetrieb errichtet werde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.